Reinkarnation Kundalini Yoga Karma

Yoga, Karma, Reinkarnation und die indische Philosophie

In der Yoga-Philosophie ist immer wieder die Sprachen von der Wiedergeburt (Reinkarnation) und dem Gesetz von Ursache und Wirkung (Karma). Viele Kulturen dieser Welt hatten Reinkarnationsvorstellungen, so auch die indische Zivilisation. Bis heute hat der Glaube an die Wiedergeburt in Indien überlebt, während  er in anderen Kulturen verloren ging.  Reinkarnation bedeutet übersetzt Wiederfleischwerdung oder Wiederverkörperung. Der Begriff beschreibt die Annahme, dass die Seele eines Menschen oder Tieres den Körper während des Sterbeprozesses verlässt. Nach einiger Zeit inkarniert sie in einem anderen Körper, um eine neue Existenz zu führen.

Karma ist unser Wirken oder Tun und bezeichnet ein Konzept, nach dem jede Handlung – physisch wie geistig – unweigerlich eine Folge hat. Diese Folge muss nicht unbedingt im gegenwärtigen Leben wirksam werden, sondern sie manifestiert sich möglicherweise erst nach einer Reinkarnation in einem zukünftigen Leben.

Die Idee von Karma und Reinkarnation taucht zum ersten Mal in den Upanishaden auf. Diese sind eine Sammlung philosophischer Schriften des Hinduismus. Die Idee von Karma und Wiedergeburt spielt daher auch im Yogaunterricht eine gewisse Rolle.

Karma und Reinkarnation in den philosophischen Schriften des Hinduismus

In einem der uralten Texte der Brihadaranyaka Upanishad (900 bis 600 vor Christus) findet ein Gespräch zwischen Artabhaga und Yajnavalkya statt. Ersterer fragt:  ‚Yajñavalkya … wenn hier ein Mensch stirbt, was verlässt ihn nicht?’ – ‚Nur der Name …’. ‚Wenn dann die Organe des Menschen aufgelöst sind, wo bleibt dann der Mensch?’

›Reiche mir deine Hand, lieber Artabhaga, wir beide wollen alleine darum wissen. Unser Wissen gehört nicht vor die Leute.’ Sie zogen sich zurück und besprachen es. Was sie besprachen, das bezeichneten sie als Karma (Handeln, Tun). Was sie verkündeten, das verkündeten sie als Karma: Gut wird einer durch gute, schlecht durch böse Tat. Darauf schwieg Artabhaga« (III.2.13)   

Nach dem indischen Glauben steuert uns unser Karma in ein bestimmtes neues Leben hinein. In alten Texten wird behauptet, man könne sogar als Tier, als Insekt oder als Pflanze wiedergeboren werden. Es wird von 8.4 Millionen Wiedergeburten berichtet, bis eine Seele bereit sei, sich mit dem Göttlichen zu vereinen und das Rad von Tod und Wiedergeburt zu verlassen.

Ein Märchen über Karma und Reinkarnation

Das Göttliche betrachtete seine Schöpfung und sie gefiel ihm, denn es existierte eine Vielzahl unterschiedlicher Wesen in ihr. Alle waren im Kern gut und fröhlich und spielten miteinander. Jedes Lebewesen besaß einen eigenen freien Willen, es konnte sich entscheiden und seinen eigenen Weg gehen, wenn dieser nicht in Konflikt mit dem freien Willen eines anderen Geschöpfes Gottes geriet.

In der göttlichen Schöpfung gibt es keine Trennung, daher fühlt jeder, was in dem anderen vorgeht. Man verletzt den anderen nicht, denn man spürt die Schmerzen in sich selbst. In dieser paradiesischen Welt ist der freie Wille nicht absolut, sondern relativ. Man sucht nicht das eigene, sondern das gemeinsame Beste, wenn mehrere an der Umsetzung der eigenen Vorstellungen beteiligt sind.

Jan Bruegel, Paradieslandschaft mit der Erschaffung der Tiere

Nicht alle der Kreaturen waren mit dieser Regelung einverstanden. Einige meinten, der Wille sei nur dann wirklich frei, wenn ALLES erlaubt sei, das man tun wolle. Das Göttliche sagte, dass das nicht möglich sei, da solch eine Art der freien Willensentfaltung andere verletzen könne. Die Wesen forderten daraufhin, solch eine Vorgehensweise zu ermöglichen und begründeten dieses Postulat mit dem Gesetz der Entfaltung des  freien Willens.

In der Welt des Lichts war ein Ausleben des eigenen Willens auf Kosten anderer jedoch nicht möglich! Also erschuf das Göttliche einen abgeschlossenen Raum. Hier durften seine Kreaturen erfahren, wie es ist, den freien Willen auch zuungunsten anderer auszuleben. Sie konnten in der Illusion leben, den freien Willen radikal zu entfalten, selbst wenn viele andere dabei zu Schaden kamen.

Die Physis als besonderer Ort der Existenz

In diesem besonderen Raum herrscht eine andere Zeit und die Wesen inkarnieren in physischen Körpern. Mit ihrem bewussten Ich können die Geschöpfe des Göttlichen Äußerungen des freien Willens erleben, auch wenn das bedeutet, die Mitgeschöpfe zu versklaven, zu unterdrücken und zu verletzen. In der Welt des Lichts und der Wahrheit kann so etwas nicht geschehen, aber in der Welt der Illusion ist alles möglich. Der Ausgebeutete und Versklavte leidet unter der freien Entfaltung seines Peinigers. Dieser fühlt das Leid des Mitgeschöpfes nicht. Noch nicht.

Eine solche Situation schafft ein Ungleichgewicht zwischen dem Erleben und der Willensfreiheit und die Ausgewogenheit muss wieder hergestellt werden. Das Gleichgewicht wird gehalten, indem die Rollen in einer neuen Inkarnation ausgetauscht werden. Der Täter wird zum Opfer. Das Opfer wird nicht unbedingt wieder zum Täter, denn es kennt die Auswirkungen der freien Willensentfaltung auf Kosten anderer bereits.

Dieses Geschehen entspricht dem Gesetz des Karmas. Allmählich beginnen die Wesen die Auswirkungen selbstsüchtigen Verhaltens am eigenen Leibe zu verstehen und können den abgeschlossenen Raum wieder verlassen. Es gibt Seelen, die freiwillige Opfererfahrungen auf sich nehmen, um Menschen zu befreien.

Unsere Schöpfung hat viele Ebenen, die meisten von uns können auf diesem verdichteten Planeten nur drei Dimensionen (Länge, Breite, Höhe) wahrnehmen. Es existieren aber auch bei uns Wesen, die mehr Dimensionen erkennen und von diesem Wissen profitieren. Sie können ihr Wissen zum Guten oder zum Schlechten nutzen. 

Immer mehr Menschen werden erwachen, die verborgenen Wahrheiten erkennen und zu einem erweiterten Bewusstsein heranreifen. Dieser Gedanke zu Karma und Reinkarnation ist ein Grundbaustein in der Yoga-Lehre.

(Nacherzählung aus dem Buch „Wiedergeburt und frühere Leben: Herausforderung Reinkarnation“ von Jan Erik Sigdell)

Reinkarnation, Karma, Leben, Tod und der Kreislauf des Seins

In der östlichen  Philosophie ist der Tod nicht das Ende. Leben, Sterben, Tod und Wiedergeburt ist ein kontinuierlicher Prozess. Eines führt zum anderen und Leben bedeutet Veränderung und  Lernen. Einige Lektionen seinen lang, andere kurz, so kann man in den alten Schriften nachlesen. Die Samkhya Philosophie (um 400 v. Chr. bis um 700 n. Chr.) erwähnt keinen Gott, sondern kennt nur das reine Bewusstsein, die Seele (Purusha – Urseele, göttlicher Funke). Im Gegensatz dazu steht die Urnatur (Prakriti), die aus den drei Gunas (den Grundeigenschaften Sattwa, Rajas und Tamas) besteht. Ursprünglich befindet sich die Urnatur im Gleichgewicht.  

Diese Philosophie liefert eine Theorie über die Entstehung der Welt: Purusha hat den Wunsch die Welt zu erleben. Daraufhin bewegt sich die Prakriti und geht immer weiter in die Welt hinein und wird zu einer Manifestation von Sattwa (das Wahre), Rajas (die Leidenschaft) und Tamas (das Dunkle). Die drei Gunas unterliegen Parinama, der ständigen Veränderung. Purusha manifestiert sich in zahllosen Einzelseelen oder Gemütern, durch die es die Welt sieht und erlebt.

Yoga-Meditation: Sterben, Karma loslassen und reinkarnieren

Die Kundalini-Yoga-Lehre besagt, dass der Geist während der ersten drei Sekunden nach dem Tode letzte Lektionen zum vergangenen Leben erteile. Die Frage werde beantwortet, warum man auf die Erde gekommen sei. Man gebe sich Rechenschaft über die Handlungen seines Lebens ab und entscheide selbst, ob die begangenen Taten gut oder schlecht waren.

Wenn man es schaffe, während dieser drei Sekunden zu meditieren, dann erhalte man die Unterstützung von Engeln und höheren Wesen und bereinige sein Karma. Nach drei Sekunden gehe die Seele in den Subtilkörper ein und als eine Einheit mit diesem durch eine Spirale oder Tunnel (drei bis vier Tage nach dem Tod). Während dieser Zeit sei man noch sehr mit der Erde verbunden.

Seele und Subtilkörper durchqueren anschließend das elektromagnetische Feld der Erde und das geschieht siebzehn Tage nach dem Tod. Es passiert häufig, dass Seelen das elektromagnetische Feld der Erde nicht durchqueren können, da sie zu sehr am Irdischen hängen. Meditationen und Gebete von Angehörigen und Freunden unterstützen den Prozess der Loslösung.

Als du geboren wurden, hast du geweint und die Welt hat sich gefreut. Lebe dein Leben so, dass die Welt weint und du dich freust, wenn du stirbst…

(Indisches Sprichwort)

Die Musikerin Snatam Kaur singt das Mantra „Akal“, das „unendlich“ oder „unsterblich“ bedeutet. Mit diesem Mantra kann man die Seelen der Verstorbenen ehren. Das Mantra kann immer dann verwendet werden, wenn ein geliebter Mensch von uns gegangen ist. Man unterstützt seine Seele beim Übergang in eine andere Dimension des Lebens.

 

4 Gedanken zu „Yoga, Karma, Reinkarnation und die indische Philosophie

  1. Jean-Jay

    Liebe Sat Hari,

    vielen Dank für diesen Beitrag!
    Mein Vater ist unheilbar erkrankt und mein großer Wunsch ist es, ihn bei seinen seinen Übergang, zur gegebenen Zeit, betend und chantend begleiten zu können.
    Die Erwähnung dieses Mantras, „Akal“, erachte ich hierbei als großes Geschenk für mich und möchte sehr gerne diese Version teilen https://youtu.be/ZtFo2wawCng.

    Möge es dir gut ergehen
    Möge es allen Wesen gut ergehen
    Herzlichst
    Jean-Jay

    Antworten
    1. Sat Hari Kaur Beitragsautor

      Jean-Jay, ich wünsche deiner Familie und dir alle Liebe und deinem Papi noch ein schönes Leben bis zu seinem Übergang in das , was vorher war und hinterher auf uns wartet. Die Mutter meines Mannes ist gerade verstorben und sie fehlt… Die White-Sun-Akal-Version ist ebenfalls wunderschön ❤️

      Antworten

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