Nanaks Botschaft der Liebe und Einheit wurde geboren, als er in einem Fluss ertrank und nach drei Tagen wieder auftauchte:
Nanak stand stets in den frühen Morgenstunden auf und begab sich zum Fluss, um ein erfrischendes Bad zu nehmen. Die Welt war noch ganz still, das erste Licht vertrieb die Dunkelheit. Das frühe Bad war eine wunderbare Möglichkeit, Körper und Geist zu reinigen. Anschließend widmete er sich der Meditation und seiner spirituellen Praxis.
Eines Morgens saß Nanaks Freund Mardana am Ufer des Flusses. Er beobachtete, wie Nanak ans Wasser trat, sich entkleidete und in das klare, kühle Nass tauchte. Mardana blieb am Ufer stehen und wartete geduldig. Die Zeit verging langsam und gemächlich.
Nanak ist verschwunden
Nach einer Weile bemerkte Mardana, dass Nanaks Kleidung noch immer unberührt am Ufer lag. Nanak war nicht aus dem Wasser zurückgekehrt. Diese Situation machte ihm große Sorgen, denn er konnte sich nicht erklären, was passiert war. Mardana rief nach Nanak, doch es kam keine Antwort. Der Fluss floss ruhig, ohne Anzeichen von Bewegungen.
Besorgt rief Mardana nach Hilfe. Die Dorfbewohner eilten herbei. Gemeinsam durchkämmten sie das Ufer, suchten im Fluss mit Netzen nach Nanak, gingen flussabwärts und suchten das gegenüberliegende Ufer ab. Doch Nanak blieb verschwunden.
Die Dorfbewohner kehrten im Laufe des Tages ins Dorf zurück. Sie waren fest davon überzeugt, dass Nanak ertrunken war. Mardana und Nanaks Schwester blieben am Fluss zurück, in tiefer Trauer und mit Tränen in den Augen.
Nanak lebt
Auch am nächsten Tag blieb alles unverändert. Doch am dritten Tag, als die ersten warmen Sonnenstrahlen den Horizont erhellten, geschah etwas Außergewöhnliches. Auf wunderbare Weise tauchte Nanak aus dem Fluss auf. Er setzte sich ans Ufer, tropfnass und still. Mardana, Nanaks Schwester und alle Dorfbewohner sammelten sich am Fluss, als die Nachricht sich verbreitete: „Nanak ist wieder da. Er lebt!“
Die Menschen wollten erfahren, was geschehen war. Nach einer langen Stille sprach Nanak mit ruhiger Stimme: „Es gibt keinen Muslim. Es gibt keinen Hindu. Gott ist weder Hindu noch Muslim. Welchem Weg soll ich folgen? Ich werde dem Weg Gottes folgen.“
Einige Dorfbewohner kehrten in ihren Alltag zurück, unsicher, was sie von diesen Worten halten sollten. Andere waren verwirrt und fragten sich, was Guru Nanak in diesen drei Tagen erlebt hatte. Mardana war erleichtert, seinen Freund am Leben zu sehen.
Nanak sprach nicht darüber, wo er gewesen war oder was er erlebt hatte. Es war jedoch offensichtlich, dass er sich verändert hatte. Er kehrte nach Hause zurück und verteilte den größten Teil seines Besitzes an die Armen.
Erfülle deine Aufgabe
Während der Zeit, in der man Nanak für tot hielt, hatte er eine Vision der göttlichen Präsenz: „Gehe hinaus und erfülle die Aufgabe, für die du geboren wurdest. Die Menschen sind in Unwissenheit und Täuschung gefangen. Sie verehren falsche Götter, haben den wahren Namen Gottes vergessen und begehen schlimme Taten. Verbreite Liebe und bringe Licht in die Dunkelheit. Zerstöre die Heuchelei und lehre Wahrhaftigkeit.“
Symbolik in Guru Nanaks Geschichte
Der Fluss als Symbol für das Göttliche:
Der Fluss repräsentiert das Göttliche, den unendlichen Fluss des Lebens und spirituellen Reinigung. Guru Nanaks tägliches Bad im Fluss symbolisiert seine beständige Arbeit an sich selbst.
Das Eintauchen ins Wasser:
Nanaks Eintauchen ins Wasser steht für eine tiefe spirituelle Erfahrung oder Initiation. Es symbolisiert den Übergang von der physischen Welt zu einer höheren spirituellen Ebene. Das Wasser reinigt nicht nur den Körper, sondern auch den Geist, und bereitet Nanak auf eine tiefere spirituelle Erkenntnis vor.
Drei Tage der Abwesenheit:
Die drei Tage, die Nanak im Wasser verbrachte, können als symbolische Darstellung von Tod und Wiedergeburt betrachtet werden. Es ist eine Phase der Transformation und Erleuchtung, in der er das weltliche Ego überwunden und zu einem höheren Bewusstsein erwachen konnte.
Es gibt keinen Muslim, es gibt keinen Hindu:
Diese Aussage betont die Einheit aller Menschen jenseits von religiösen und kulturellen Unterschieden. Sie symbolisiert die Erkenntnis, dass das Göttliche in allen Wesen gleichermaßen präsent ist und dass wahre Spiritualität über alle weltlichen Grenzen hinausgeht.
Diese Geschichte von Guru Nanaks Erleuchtung zeigt uns die Kraft spiritueller Transformation und die Bedeutung innerer Einkehr. In einer Zeit, in der die Welt in Unruhe und Zwietracht zu versinken scheint, erinnert uns Nanak daran, dass wahre Spiritualität jenseits religiöser Etiketten liegt. Seine Erfahrung im Fluss und die daraus resultierende Botschaft sind ein Aufruf zur Einheit und zur Rückbesinnung auf das Wesentliche: Liebe, Wahrheit und Hingabe an das Göttliche.