Yin und Yang im Yoga beschäftigt sich mit dem sogenannten Yin-Yang oder Taijitu–Symbol (übersetzt „Symbol der höchsten Lebensenergie, des höchsten Lebensprinzips“). Das Zeichen ist vielen Menschen bekannt. Trotzdem fragen sich vielleicht einige, was für eine Bedeutung es haben mag.
Yin und Yang im Yoga: Bedeutung des Yin-Yang-Symbols
Yang hat die Eigenschaften hell, hart, heiß, männlich, aktiv, Bewegung, das Schnelle, die Fülle, das Analytische. Yin besitzt die Merkmale wässrig, dunkel, weich, kalt, weiblich, passiv, Ruhe, die Dauer, die Leere. Das Symbol bedeutet, dass die Pole Yin und Yang einander entgegengesetzte und gleichzeitig aufeinander bezogene Kräfte sind. Die wechselseitige Beziehung der beiden Endpunkte Yin und Yang wird dadurch betont, dass das Dunkle als Fleck im Hellen und das Helle als Fleck im Dunklen dargestellt sind.
Der Kreis ein uraltes Symbol, ist das die Sonne, als auch den Mond verkörpern kann. Er ist daher ein Symbol der Einheit und Ganzheit. Das Schwarze und das Weiße innerhalb des Taijitu-Kreises erinnert in seiner Grundform an zwei Blätter mit spitz zulaufenden, gebogenen Enden oder an zwei große Kommas. Da der Kreis auch für die Wiedergeburt steht, ist dieses wunderbare Symbol überdies für Veränderung und Transformation.
Das Empfangende und das Gebende
Man beschreibt Yin und Yang ganz oft als das ‚Männliche’ und das ‚Weibliche’, doch diese Betrachtungsweise ist zu kurz gefasst. Genauer wäre es zu sagen, dass das Yin für das Empfangende und Passive steht. Yang steht für das Gebende und das Aktive. Yin und Yang treten wechselseitig in den Vordergrund. Sie sind als Lebensprinzipien in jedem Wesen und allem Tun zu finden. Yin und Yang sind Bestandteil einer jeden Frau und eines jeden Mannes. Sie durchdringen alle Lebensprozesse und so kann das Taijitu sehr gut zur Erklärung von Geschehnissen, Mechanismen und Abläufen angewandt werden.
Die Schwangerschaft braucht Yin-Qualitäten
Zu Beginn eines jeden Lebens steht immer eine Schwangerschaft. Man könnte verkürzt sagen, dass eine Schwangerschaft viele Yin-Elemente aufweist. Eine Schwangerschaft dauert eine gewisse Zeit. Das Kind wächst ohne das Zutun der Mutter (Passivität). Ihre Gelenke und Muskeln werden weicher, das Wasserelement tritt in den Vordergrund.
Zu viel Yang-Energie, also Hitze, Aktivität, Härte und Schnelligkeit könnte zu vorzeitigen Wehen führen. Ein zu geringes Maß an Yang-Energie würde die Entwicklung des Babys behindern. Der Stoffwechsel der Mutter könnte nicht funktionieren (Hitze). Das Baby wäre zu wenig stimuliert (Bewegung). Ausgeglichene Aktivitäten (Yang) sind wichtig für die Gesundheit der Mutter und des Kindes.
In der Teenagerzeit überwiegt das Yang
Viele Heranwachsende lieben Aktivitäten. Ihnen machen Schnelligkeit und der Wechsel scheinbar wenig aus. Normalerweise bewegen sich junge Menschen gerne. Viele tanzen und machen die Nacht werden zum Tag. Nicht selten fürchten sich Jugendliche vor den Eigenschaften des Yin-Prinzips, vor der Leere, dem Passiven, der Dauer und der Ruhe. Und doch sind gerade diese Eigenschaften maßgeblich, um sich von den Anforderungen der Schule und der Peer-Groups zu erholen. Yin schenkt den Organen und dem Nervensystem Ruhe. Es erlaubt den Jugendlichen, sich selbst zu spüren und neue Kräfte zu sammeln.
Yin und Yang im beruflichen Kontext
Berufe, die schnelle und zielgerichtete Entscheidungen verlangen, die die Fähigkeit zur Analyse als notwendige Vorbedingung haben, bei deren Ausübung man viel reist und aktiv sein muss, betonen das feurige Yang-Prinzip. Um nicht auszubrennen, ist es aber wichtig, sich immer wieder Zeiten der Ruhe und der Leere zu gönnen. Es stärkt die Nerven, sich in der Freizeit auch an der Passivität zu erfreuen. Am Wochenende sollte nicht jede Nacht zum Tage zu machen. Vielleicht ist es angeraten, den sogenannten Feierabend wieder zu zelebrieren.
Tätigkeiten, die beratend sind und im Heilbereich ausgeübt werden, bedürfen einer inneren Ruhe und Leere. So kann der Kontakt zwischen Coach und Klient, Hebamme und Patientin und zwischen Heiler und dem Kranken hergestellt werden. Das Yin-Prinzip ist hier am Wirken. Es geht um heilende Kühle (damit ist keineswegs Gefühlskälte gemeint, sondern ein ruhiges, unaufgeregtes Temperament). Yin hilft, einfach sein zu dürfen. Das Yang-Prinzip ist unterstützend, wenn man Altes verbrennen möchte. Die Yang-Qualitäten helfen, Termine zu organisieren, für sich zu werben oder berufliche Ziele zu stecken und zu erreichen.
Yin und Yang im Yoga
Die oben genannten Beispiele stehen stellvertretend für viele unserer Lebensbereiche. Die beiden Kräfte Yin und Yang können mit den beiden Polen Ida (die Kühlende) und Pingala (die Rötliche) verglichen werden. Ida und Pingala gehören zu den drei Hauptnadis (feinstoffliche Energieleitbahnen), die den Körper mit Vitalenergien (Prana) versorgen.
Ida verläuft die Wirbelsäule entlang und mündet im linken Nasenloch und Pingala verläuft dementsprechend bis in das rechte Nasenloch. Gemäß der Yoga-Lehre wird Ida dem weiblichen Prinzip (Qualitäten: kühlend, beruhigend) und Pingala dem männlichen Prinzip zugeordnet (Qualitäten: erhitzend, anregend). Die dritte feinstoffliche Energieleitbahn ist die Sushumna (gnädig, huldreich). Sie ist der wichtigste Nadi und verläuft vom Steißbein bis zum Oberkopf.
Das Yoga lehrt uns, dass Ida und Pingala einander entgegengesetzte und gleichzeitig aufeinander bezogene Energien sind. Diese durchdringen unser Leben, unser Tun, unsere Ruhephasen und letztendlich unser Sein auf diesem Planeten. Bei Bedarf kann man die aktiven und passiven Energien ausgleichen, stimulieren oder entspannen.
Kundalini-Yoga beinhaltet viele meditative Elemente, denn die Yoga-Übungen sind oftmals drei bis fünf Minuten lang. Man lässt innerlich während des Haltens los und atmet lang und tief. Diese Qualitäten stärken das Yin-Prinzip. Gleichzeitig werden einige Asanas von dem Feueratem begleitet, man übt zielgerichtet, viele der Übungen werden mit schnellen Bewegungen praktiziert. Diese Merkmale stärken die Yang-Energie. Kundalini-Yoga tanzt mit den elementaren Lebenskräften. Es betont einmal das eine, dann wieder das andere Prinzip und wirkt bei genauer Betrachtung transformierend. Kundalini-Yoga arbeitet immer wieder an dem Ausgleich, sodass der Praktizierende am Ende glücklicher, gesünder und heiler wird.
Stärke deine Lebenskräfte
Unsere globalisierte Gesellschaft fokussiert auf die anregende, männliche, immer wache Pingala-Qualität. Das kühlende, beruhigende, weibliche Ida-Prinzip wird eher als Schwäche wahrgenommen. Dabei ist ein Gleichgewicht zwischen den beiden Polen erstrebenswert. Ida schenkt uns Ruhe und Kühle und unterstützt uns darin, nicht auszubrennen. Pingala macht uns wach, feuert uns an, stärkt unsere Zielgerichtetheit.
Stärke deine Yin-Kraft, die weibliche Energie in dir, indem du dir erlaubst, einfach nur zu sein. Genieße Zeitlosigkeit! Achte auf eine ausgeglichene Beleuchtung und lasse nachts Dunkelheit zu. Entspanne bewusst und schenke dem Weichen in dir Raum. Das Atmen durch das linke Nasenloch stärkt genau diese Qualitäten, denn dann wird Ida angeregt. Du kommst zur Ruhe.
Wenn du mehr Feuer und Aktivität in dein Leben einladen möchtest, dann bewege dich und werde aktiv. Atme hierfür durch das rechte Nasenloch. So aktivierst du Pingala und verbindest dich mit den Yang-Qualitäten.
Das uralte Yin und Yang Bildzeichen steht für den Ausgleich und die Balance unterschiedlicher Pole.
Yin und Yang, männlich und weiblich, hart und weich, Himmel und Erde, Licht und Dunkel, Donner und Blitz, kalt und warm, gut und schlecht … das ist die Wechselwirkung der gegensätzlichen Prinzipien, die das Universum formen.
~ Konfuzius