Yogi Bhajan: Sei du selbst und es ist egal, wie alt du bist

Yogi Bhajan: Sei du selbst und es ist egal, wie alt du bist! Es ist ein Grundbedürfnis des menschlichen Geistes, sich von der Angst vor dem Tode zu befreien. Zu vergleichen ist dieser Wunsch mit der Sehnsucht von Gefängnisinsassen nach Freiheit. Die Angst vor dem Tod übt einen sehr subtilen Druck auf das Unterbewusstsein der meisten Menschen aus. Ich schätze mal, dass ungefähr fünfundachtzig Prozent aller Menschen unter der Angst vor dem Tod und dem Alter leiden.

Die Angst vor dem Alter ist gleichzusetzen mit der Angst vor dem Tod. Menschen färben ihre Haare und Bärte, weil sie das Grau nicht mögen. Sie ersinnen viele Dinge, um nicht alt auszusehen. Es ist jedoch unmöglich, die Spuren des Alters fortzuzaubern. Der Mensch will es nicht nur vermeiden, alt auszusehen, sondern er tut so, als ob er viele Jahre jünger ist.

Wenn jemand zum Beispiel fünfzig Jahre alt ist, würde er vielleicht gerne wie dreißig aussehen. Würde es ihm auch gefallen, seine im Leben gesammelten Erfahrungen um zwanzig Jahre zu verringern? Und weiß er, dass es auf dieser Welt Menschen gibt, die niemals fünfzig Jahre alt werden, sondern vorher sterben? Wir sind unglücklich und sagen daher nicht: „Oh Gott, danke, immerhin bin ich fünfzig Jahre alt geworden.“

Begreifst du das? Viele erleben ihren zwanzigsten Geburtstag nicht, so mancher wird seinen fünfzigsten Geburtstag niemals feiern. Dieses Glück ist nicht allen vergönnt! Menschen haben eine irrationale Angst vor dem Tod, diese ist hochwirksam, sie macht uns Menschen sehr kreativ und die Mehrheit wird versuchen, jünger auszusehen. Im Leben wird das Altern meist schon als Todesfall angesehen.

Foto: ©Camdiluv ♥, Colours, flickr.com

Vielleicht hast du schon einmal gehört, wie junge Frauen sich gegenseitig erzählen: „Oh mein Gott, weißt du, ich bin jetzt dreißig!“ Sie denken, dass sie mit vierzig sterben würden. Es ist erstaunlich und amüsant wahrzunehmen, wie die Leute ticken und welchen Wert das Leben für sie hat. Dabei könnten wir einfach schöpferisch tätig und glücklich sein; dankbar für jeden Tag, den wir erleben dürfen, für jeden Tag der Erfahrung und des Wachstums, einfach, weil jeder weitere Tag auf diesem Planeten Lebendigkeit bedeutet.

Unser Können verbessert sich, unsere Stabilität wächst, unsere Konzepte und Ideen für eine effektive Bewältigung von Zeit und Raum verfeinern sich. Jeder weitere Tag schenkt dir mehr Lebenserfahrung. Aber die meisten Menschen teilen diesen Standpunkt nicht, denn sie haben kein Vertrauen, geschweige denn Selbstvertrauen. Die Menschen glauben nicht an sich selbst und haben kein Vertrauen zu sich selbst und können daher nicht einfach sagen: „Moment mal, ich bin achtzig Jahre alt!“ Den Damen fällt das besonders schwer.

Wenn du eine Frau ärgern willst, dann frage sie einfach: „Wie alt bist du?“ Sie wird es dich nicht wissen lassen. Hast du jemals nach dem Warum gefragt? Die Antwort ist: Weil sie Angst hat, ihr Leben mit den Jahren zu verknüpfen, die sie gelebt hat. Jeder will wie achtzehn aussehen. Ist das nicht lustig? Wenn du wie achtzehn aussiehst und achtzehn Jahre alt bist, dann kannst du nicht gleichzeitig behaupten, die Erfahrungen einer Achtzigjährigen zu haben. Misstrauen dem Leben gegenüber ist Misstrauen dem Selbst gegenüber.

Eigentlich ist der Begriff des Todes kein Konzept des menschlichen Lebens. Tatsächlich ist er ein menschlicher Sieg; ein menschlicher Triumph über Zeit und Raum. Daher hat der Tod eigentlich keine wirkliche Bedeutung und ist gleichzeitig ein maßgebendes Prinzip.

Kaal Khaye Sab Jagat Ko – Der Tod ist die letztgültige Sache, der Tod wird zu jedem Wesen kommen, das auf diesem Planeten lebt.

So ist der Tod nicht etwas, vor dem man Angst haben oder sich verstecken muss. Die Endlichkeit des Lebens ist etwas, dem man jeden Tag gegenübertreten sollte. Jeder Tag, an dem man lebt, ist ein Sieg des Lebens über den Tod. Er ist die Erfahrung des Lebens selbst. Daher empfehlen die heiligen Schriften auch nicht die Selbsttötung.
Der Tod hat viele Ursachen und eine davon ist ein schwacher Lebenswille. Ein schwacher Lebenswille entsteht unter anderem durch das Misstrauen in das Selbst.

Es ist unmöglich eine klare Beziehung zu haben, ohne dass man dem anderen vertraut. Ohne Vertrauen kann keine Beziehung lange bestehen. Vertrauen hat eine große Macht in deinem Leben. Der Sinn des Lebens ist, Vertrauen in die Unendlichkeit aufzubauen. Aber obwohl die Welt dieses Gottes so wunderbar ist, so voller Schönheit und unsere Existenz angefüllt ist von Kreativität, vergessen wir den Sinn des Lebens, während wir leben. Der Sinn des Lebens ist, das Leben zu erfahren.

Du erfährst das Leben, indem du jeden deiner Tage bewusst wahrnimmst. Der Tag, an dem du gelebt hast, ist sehr kostbar, weil du mit ihm deiner Lebenserfahrung eine neue Erkenntnis zugefügt hast. An jedem Tag, an dem wir leben, in jeder Nacht, in der wir schlafen, an jedem Morgen, an dem wir aufwachen, zu jeder Dämmerung sollten wir sagen: Ich bin wieder am Leben, ich bin wieder am Leben, ich bin wieder am Leben, und zwar im Angesicht des Todes.

~ Yogi Bhajan, 24. Februar 1977, Los Angeles

(Beitragsbild:©Teg Gian)

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